Während die Debatte um Nachhaltigkeit im Gebäudebereich oft auf Heizungstausch und Energieeffizienz fokussiert, gewinnt ein neuer Ansatz an Bedeutung: Urban Mining. Bestehende Häuser werden als wertvolle Rohstofflager betrachtet – voller Kupfer, Ziegel, Holz und anderer Materialien, die wiederverwendet werden können. In naher Zukunft soll der digitale Gebäudepass (auch Gebäuderessourcenpass oder Materialpass genannt) diese Ressourcen transparent machen und könnte teilweise verpflichtend werden.
Urban Mining bedeutet die systematische Rückgewinnung von Rohstoffen aus der gebauten Umwelt. Städte und Gebäude sind gigantische anthropogene Lager: In Deutschland stecken Milliarden Tonnen Materialien in Bestandsgebäuden. Für Einfamilienhäuser und Altbauten heißt das: Kupferleitungen, hochwertige Ziegel, seltene Hölzer oder Stahlträger sind wertvolle Sekundärrohstoffe. Statt Abriss und Deponie können diese Materialien wiederverwendet werden – ressourcenschonend und kostensparend.
Der Gebäuderessourcenpass der DGNB dokumentiert verbauten Materialien, deren Menge, Qualität, Herkunft und Kreislauffähigkeit. Er umfasst CO2-Bilanz, Recyclingpotenzial und Wiederverwendbarkeit. Ab 2025/2026 wird er in Zertifizierungen (z. B. QNG) verpflichtend, und EU-Regulierungen (Digitaler Produktpass, Bauproduktenverordnung) treiben die Entwicklung voran. Für Privathäuser ist er derzeit freiwillig, wird aber zunehmend zum Standard für nachhaltige Sanierungen und Verkäufe.
Eine dokumentierte Rohstoffbilanz macht Ihr Haus attraktiver: Käufer sehen nicht nur Nutzfläche, sondern einen "Rohstoffwert". Gut erhaltene Materialien (z. B. recycelbare Ziegel oder Kupfer) erhöhen die Kreislauffähigkeit und damit den Marktwert. Studien zeigen Wertsteigerungen durch nachhaltige Dokumentation – bis zu 10 Prozent in zirkulären Märkten. Banken und Investoren bevorzugen transparente Objekte mit niedrigem Abrissrisiko.
In einem typischen Einfamilienhaus aus den 1960er Jahren stecken oft Schätze:
Beispiel 1: Kupferleitungen – Alte Elektro- und Wasserinstallationen enthalten reines Kupfer (Wert: bis zu 10 €/kg). In einem 150 m²-Haus können 200–500 kg verbaut sein – potenzieller Rohstoffwert: 2.000–5.000 €.
Beispiel 2: Hochwertige Ziegel – Klinker oder historische Vollziegel aus Vorkriegsbauten sind robust und gefragt für Re-Use. Ein Dach oder Fassade kann Tausende Ziegel enthalten, die gereinigt wiederverwendet werden (Wert: 0,50–2 €/Stück).
Beispiel 3: Seltene Hölzer – Parkettböden, Balken oder Türen aus Eiche, Teak oder anderen Edelhölzern. In älteren Häusern oft massiv verbaut – Wiederverkaufswert als Sekundärholz: mehrere Tausend Euro.
Es gibt in Deutschland mehrere aktuelle Projekte und Initiativen zu Urban Mining und der Erstellung von Gebäuderessourcenpässen, die den Materialwert in Altbauten dokumentieren. Während viele Beispiele aus größeren Gebäuden oder städtischen Projekten stammen, lassen sich die Prinzipien gut auf Privathäuser übertragen. Plattformen wie Madaster und Concular werden zunehmend auch für kleinere Objekte genutzt. Hier drei neu beschriebene reale Beispiele aus den letzten Jahren (Stand 2025):
In Heidelberg läuft seit einigen Jahren ein innovatives Pilotprojekt zur Erstellung eines städtischen Gebäude-Materialkatasters. Bestehende Altbauten, darunter auch Wohnhäuser aus der Nachkriegszeit, werden digital erfasst, um verbaute Rohstoffe wie Beton, Ziegel und Metalle zu inventarisieren. Das Ziel: Bei künftigen Sanierungen oder Rückbauten können Materialien wie hochwertige Klinkerziegel oder Stahlträger direkt wiederverwendet werden. Für private Eigentümer bedeutet das eine potenzielle Wertsteigerung, da der dokumentierte Rohstoffbestand (z. B. recycelbare Baustoffe im Wert von Tausenden Euro) den Hauswert über den reinen Wohnnutzen hinaus hebt.
Die Landesregierung NRW hat 2024 eine Kooperation mit Madaster gestartet, um digitale Gebäuderessourcenpässe in der öffentlichen Wohnraumförderung zu testen. Zehn Pilotvorhaben, darunter Modernisierungen von Bestandsgebäuden und Privathäusern, erstellen solche Pässe. In einem typischen Einfamilienhaus aus den 1970er Jahren werden Materialien wie Kupferrohre, Holzdecken und Ziegel erfasst. Der Pass zeigt nicht nur den monetären Wert (oft mehrere Tausend Euro an wiederverwendbaren Rohstoffen), sondern auch das CO2-Einsparungspotenzial durch Re-Use – ein Pluspunkt bei Verkauf oder Sanierung.
Concular, ein Berliner Start-up, unterstützt zunehmend private Eigentümer bei der Inventur von Altbauten vor Sanierungen. In einem Beispiel aus Berlin-Kreuzberg wurde ein Gründerzeithaus (vergleichbar mit vielen Kölner Altbauten) vor einer Teilsanierung digital katalogisiert. Wertvolle Elemente wie originale Parkettböden aus Eiche, Gusseisenheizkörper und Vollziegel wurden dokumentiert und teilweise wiederverwendet oder verkauft. Der Eigentümer erzielte durch den Verkauf der Sekundärrohstoffe einen Zusatzerlös von über 10.000 Euro und steigerte den Gesamtwert des Hauses durch die nachgewiesene Kreislauffähigkeit.
Engagieren Sie einen Spezialisten für Bestandserfassung (z. B. über BIM oder Inventur). Tools wie Madaster oder Concular digitalisieren die Daten. Der DGNB-Gebäuderessourcenpass ist eine Vorlage: DGNB Gebäuderessourcenpass. Plattformen wie Madaster erstellen digitale Pässe: Madaster Deutschland.
Urban Mining und der Gebäudepass verwandeln Ihr Privathaus von einem reinen Wohnobjekt in ein dokumentiertes Rohstofflager. Das schont Ressourcen, erfüllt kommende Regulierungen und steigert den Verkaufspreis. Eigentümer, die jetzt dokumentieren, positionieren sich als Vorreiter – und profitieren langfristig von höherer Attraktivität und Wertstabilität.